Die älteste Bruderschaft der Stadt Mönchengladbach und dazu fast die älteste Bruderschaft am gesamten Niederrhein, die St. Sebastianus- und St. Vitus Bruderschaft Obergeburth Waldhausen e.V. - kurz "Bruderschaft" genannt - ist eine Vereinigung von Jungmännern und Männern christlichen Glaubens, die sich zu den Grundsätzen und Zielen des Bundes der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften in Leverkusen bekennt.
Hier soll ein wenig aus der Geschichte der Bruderschaft erzählt werden, soweit sie aus mündlicher Überlieferung und den wenigen, nach über 700 Jahren, geretteten schriftlichen Unterlagen bekannt ist. Eine Gründungsurkunde, oder irgendwelche amtlichen Bestätigungen aus den ersten Jahren ihres Bestehen, besitzt die Bruderschaft nicht mehr. Aber eine silberne Plakette ist noch erhalten und sie trägt in ihrer Umschrift die Jahreszahl 1279. Diese Silberplakette mit einem aufgeschraubten Sebastianuscorpus ist der älteste Besitz der Bruderschaft.
Schriftliche Unterlagen hat die Bruderschaft erst aus der Zeit von 1561 bis 1791. Aus den beiden Jahrhunderten ist noch ein Protokollbuch erhalten, das die Mönche der Abtei führten, da abwechselnd Äbte oder Landvogte als Präsidenten der Bruderschaft fungierten. Das in Schweinsleder gebundene Dokument, ist im Archiv des Münsters aufbewahrt und heute noch erhalten. Es ist in lateinischer und altdeutscher Sprache geschrieben.
Aus anderen Unterlagen ist zu ersehen, dass die St. Sebastianus Bruderschaft unter anderem über einen ansehnlichen Landbesitz verfügte, der im Laufe der Jahre verkauft wurde. Das letzte Grundstück wurde im Jahre 1825 verkauft. Es war die Wiese an der unteren, heutigen Hindenburgstraße, auf der jetzt das E-Werk steht. 4.784 Taler, 30 Groschen und eine Anzahl Stüber wurden damals aus dem Verkauf erzielt. Der Erlös wurde an die Kirche gegeben, mit der Verpflichtung, zeitlebens am Sebastianustag und am Tag der Prunkfeierlichkeiten ein Hochamt für die verstorbenen und lebenden Mitglieder der Bruderschaft zu feiern. Die Pfarre St. Peter Waldhausen hat diese Verpflichtung übernommen.
Ein beachtlicher Teil der Unterlagen aus der Geschichte der Bruderschaft ist schon vor langer Zeit bei einem Brand der Hauptpfarrkirche verlorengegangen, denn dort besaß die Bruderschaft, wie es damals Sitte war, einen besonderen Altar, in dessen Schrein die Urkunden hinterlegt waren. Neben der Sorge um den Altar, kam die Bruderschaft auch für den Unterhalt eines Geistlichen auf.
Es mag den älteren Gladbachern noch bekannt sein, dass die St. Sebastianus Bruderschaft im Jahre 1908 das 500-jährige Bestehen gefeiert hat. Irrtümlich zwar, aber damals stützten sich die Vorstandsmitglieder und die Bruderschaftler auf eine Urkunde aus dem Jahre 1408. Einen Vertrag nämlich, wonach die Bruderschaft eben jene ,,E-Werk-Wiese" an die Kirche verpachtete. Aus Anlass dieses irrtümlichen Jubelfestes, stiftete Kaiser Wilhelm eine prunkvolle Plakette, die auch heute noch erhalten ist.
Das gesamte Königssilber der Bruderschaft war während des vergangenen Krieges sicherheitshalber im Hühnerstall des in Waldhausen wohlbekannten Johann Kox von der Dülkener Straße vergraben. Die bereits verstorbenen, Johann Kox und Heinrich Jakobs, waren die einzigen, die um dieses Versteck wussten. Sie haben das Besitztum der Bruderschaft wohl behütet.
Nach der schrecklichen Zeit des zweiten Weltkrieges, in der die Bruderschaft zwangsläufig zur Tatenlosigkeit verurteilt war und nachdem viele junge Mitglieder nicht mehr heimkehrten, wurde die St. Vitus Junggesellenbruderschaft in die Reihen der St. Sebastianus Bruderschaft aufgenommen. Die St. Vitus Junggesellenbruderschaft konnte im Jahr 1976 auch schon auf ihr 350-jähriges Bestehen zurückblicken. Die Bruderschaft Waldhausen ist in ihrer langjährigen Geschichte und besonders in der heutigen Zeit, als ein fester Bestandteil des Pfarrgemeindelebens anerkannt worden. Drei Hauptaufgaben sollen zur besseren Information angeführt werden:
- Die aktive Tätigkeit und Mitarbeit in der Pfarrgemeinde
- Die Bereitschaft, sich in sozialer und caritativer Hinsicht zu engagieren
- Pflege des althergebrachten Brauchtums und der Geselligkeit
Viele Menschen, die in Waldhausen beheimatet sind, wissen, dass die obengenannten Grundsätze keine Floskeln sind. Die Rollstuhlaktion, Altpapier- und Altkleidersammlungen für caritative Zwecke, Mitwirkung bei den Caritassammlungen, Ordnungsdienst in der Pfarrkirche und überregionales Engagement - um nur einige Aufgaben zu nennen - haben in der Vergangenheit bewiesen, dass dem so ist. Neben den vielen, anderen Aktivitäten, hat es sich die Bruderschaft zur Aufgabe gemacht, Feste zu feiern und Geselligkeit zu bieten. Wer will bestreiten, dass auch dieses Engagement heute notwendiger ist als je. Für viele Menschen sind oft die Schützen- und Volksfeste - in Waldhausen Kirmes oder Prunk genannt - die einzige Gelegenheit, sich näher kennenzulernen.