Pfarrkirche St. Peter
„Zum immerwährenden Gedächtnis.
Am 3. Juli 1932, zur Zeit, als Papst Pius XI. regierte, zur Zeit der Reichspräsidentschaft Hindenburgs, des Weihbischofs Dr. Josef Sträter von Aachen, des Oberbürgermeisters Dr. Handschumacher in Gladbach-Rheydt, des Stadtdechanten von der Helm, des Dechanten Zillessen von Gladbach-Rheydt-West, des Oberpfarrers Koenen, des Pfarr-Rektors Reuter, wurde der Grundstein zur Kirche gelegt. Sie wird erbaut nach den Plänen des Architekten Prof. Holzmeister, unter der Bauleitung des Architekten Weichert und dem heiligen Apostelfürsten Petrus geweiht.
Mönchengladbach, den 3. Juli 1932“
So lautet die Übersetzung, der in lateinischer Sprache verfassten Urkunde, die zum Baubeginn der Pfarrkirche St. Peter Waldhausen im Grundstein verschlossen wurde.
Bereits im Dezember 1895 lud Oberpfarrer Krichel von der Hauptpfarre die Waldhausener Bürger in den Gasthof Lennartz auf der Roermonder Straße zu einer Versammlung ein. Zweck dieser Versammlung war die Gründung eines Kirchbauvereins für den Bezirk Waldhausen. Und tatsächlich, es fanden sich Bürger aus Waldhausen und der Waldhausener Höhe, die beinahe 20 Jahre lang – bis zum Ausbruch des ersten Weltkrieges 1914 – für den Bau einer eigenen Kirche Gelder sammelten. Für 22.000 Reichsmark kaufte der Kirchenvorstand der Hauptpfarre dann kurz vor Beginn des Krieges das Grundstück oberhalb des Rathauses an der Nicodemstraße als Bauplatz für die spätere Kirche. Eine bedeutende Förderung erfuhren die Pläne zum Bau einer Kirche, durch die Stiftung der Geschwister Hermes. Sie stifteten ihre Waldhausener Besitzung – 26 Morgen Ackerland mit Hofgebäuden – als Grundfonds für den Kirchenbau. Im Saale der Gaststätte von der Burg, an der damaligen Foerstergasse, heute Metzenweg, wurde zunächst am 29. Juni 1924 eine Notkirche eingerichtet, die dem hl. Petrus geweiht wurde. Zum Pfarrrektor ernannte der Bischof den Kaplan an der Hauptpfarre, Herrn Johannes Kött. Im Juli 1926 verließ Pfarr-Rektor Kött Waldhausen. Sein Nachfolger wurde Rektor Carl Reuter aus Gerderhahn bei Erkelenz. 1930 begannen nun konkrete Überlegungen zum Bau einer Pfarrkirche. 42 Entwürfe wurden als Ergebnis eines Architektenwettbewerbs eingereicht. Nach den Plänen von Prof. Dr. Clemens Holzmeister aus Wien, wurde im Mai 1932 unter der Leitung des Architekten Atta Weichert, mit dem Bau begonnen. Das Mönchengladbacher Bauunternehmen A. u. H. Hilgers wurde mit der Bauausführung betraut. Bereits am 3. Juli 1932 konnte der Grundstein für die Pfarrkirche gelegt werden.
Die Westdeutsche Landeszeitung vom 4. Juli 1932 berichtet über diese Feier:
„Ein festliches Bild überraschte gestern alle, die an der Feier der Grundsteinlegung teilnahmen. Weit ins Land hinaus grüßten von den hohen Masten des Baugerüstes Fahnen über Fahnen. Der Zugang zum Bau war von freudig gestimmten Menschen, groß und klein, dicht umsäumt. Sie warteten auf die Prozession, die von der Notkirche aus nach einer kurzen Andacht nach hier zog: Die Geistlichkeit im hochfeierlichen Ornat, weißgekleidete Mädchen, die Blumen und kirchliche Embleme trugen, die katholischen Vereine mit Fahnen und Bannern. Als die Prozession in das Innere des werdenden Gotteshauses eingezogen war, schlossen sich die Wartenden an und füllten den Bau. Auf dem Platz, auf dem später der Hochaltar aufgebaut werden soll, war ein hohes, schlichtes Kreuz aufgerichtet worden. Die Geistlichen, die Mitglieder des Kirchenvorstandes, die Gäste, sie alle nahmen hier oben Aufstellung. Zu beiden Seiten des Altarplatzes gruppierten sich die weißgekleideten Mädchen, hinter ihnen versammelten sich die Vertreter der katholischen Vereine mit ihren Fahnen. Es war eine festliche Stunde, die wir erlebten. Für unsere Stadt war es ein denkwürdiger Augenblick, für Waldhausen ein Tag von historischer Bedeutung. Strahlender Sonnenschein gab der Feier noch ganz besonderen Glanz. Der gemischte Kirchenchor des Rektorats Waldhausen eröffnete unter Leitung des Herrn Könißer die Feierstunde mit dem Chor „Preis und Anbetung“ (von Plag). Die Herren Oberpfarrer Koenen, Pfarr-Rektor Reuter und Kaplan Kremer begannen die feierliche Handlung mit einem Gebet, sie weihten die Stelle, auf der später der Hochaltar zu stehen kommt, anschließend auch den Grundstein. Herr Rektor Reuter betete sodann die Allerheiligen-Litanei vor, worauf sich Herr Oberpfarrer Koenen mit seiner Ansprache an die Gläubigen wandte. Er wies darauf hin, dass man in Waldhausen 30 Jahre und mehr auf diese Stunde gewartet habe und hob hervor, dass der Wunsch, in Waldhausen ein eigenes Gotteshaus zu erhalten, Wirklichkeit werde in einer Zeit, in der sonst die Wünsche der Menschen nicht so recht in Erfüllung zu gehen pflegen. Er schloss seine Ansprache mit dem Wunsch, dass Gottes Segen weiter auf dem Werk, zu dem in dieser Feierstunde der Grundstein gelegt werde, ruhen möge.“
Die Bauarbeiten gehen nun zügig voran. Die eigenwillige Form ihrer neuen Kirche überrascht die Waldhausener. Schwere Zeiten: Hitler übernimmt die Macht im Januar 1933. Niemand ahnt, dass sechs Jahre später ein wahnsinniger Krieg beginnen wird, der dann auch das neue Gotteshaus durch Granaten schwer beschädigt.
Trotzdem: Der 13. August 1933 wird ein festlicher Tag für Waldhausen. Die neue Kirche wird eingeweiht. Die Westdeutsche Landeszeitung berichtet:
“Heute, Sonntag, den 13. August, weilt der hochwürdigste Herr Weihbischof Dr. Sträter in unserer Stadt. Hochderselbe, welcher um Acht Uhr die Konsekrationsfeierlichkeiten der neuen St. Petrus-Kirche in Waldhausen vornimmt, wird vorher um 6:30 Uhr im Münster die hl. Messe zelebrieren. Zur Beiwohnung derselben werden die Gläubigen herzlich eingeladen. Dem hochwürdigsten Herrn Weihbischof, entbieten wir an dieser Stelle ehrfurchtsvollen Willkommensgruß.“
Dr. Robert Grosche, Pfarrer in Brühl-Vochem, Kunstkenner und Förderer Holzmeisters, beschreibt die Bedeutung des neuen Gotteshauses in der Westdeutschen Landeszeitung vom 11. August 1933:
„Die Kirche ist Haus Gottes unter den Menschen. Als solches steht sie mitten unter den Häusern der Menschen und hebt sich doch aus ihnen wiederum als etwas ganz anderes heraus. Wer von der Haltestelle der Elektrischen in Waldhausen die Straße hinabschreitet, die zu der neuen Petruskirche führt, der sieht schon bald den von Prof. Dr. Ing. Clemens Holzmeister entworfenen Baublock aufragen, und er weiß sofort, dass dieser Bau kein Haus für Menschen ist: Mächtige Blöcke aus einheimischem Baustein schieben sich aneinander; ein langer, in zwei hintereinander aufsteigenden Schiffen hingestreckter Leib, an dem die Anordnung der Fenster im Seiten- und Hauptschiff die Waagerechte des Bodens und des Daches unterstreicht, und davor die gewaltig aufgetürmte Eingangspartie, gebildet aus zwei schweren, nur von ganz kleinen Fenstern und kleinen Eingangstüren durchbrochen, fast quadratischen Ecktürmen, zwischen denen sich der Halbzylinder der Taufkapelle einschiebt und dem darüber in zwei durch große Öffnungen durchbrochenen, im unteren Geschoss als Loggia gebildeten und dadurch trotz aller Massigkeit sehr gelockerten, quer-rechteckigen Hauptturm. Über der Taufkapelle soll später ein freischwebendes großes Kreuz die Lockerung des Hauptturms vorbereiten und zwischen ihr und der Mäßigkeit der Ecktürme vermitteln. Senkrechte und Waagerechte halten einander in der ragenden Turmpartie und dem breitgelagerten Langhaus aufs Schönste das Gleich. Der Eindruck der Monumentalität, der übrigens noch wachsen wird, wenn die vorgesehenen Pfarr- und Vereinshausbauten Maßstäbe hergeben und die Dächer wie Gebirgsschichten sich aneinander schließen werden, steigert sich, wenn man um den Bau herumgeht oder von dem Weg, der von Süden her an die Kirche heranführt, das Ganze überschaut: Die Kirche wirkt so monumental, dass sie fast größer erscheint, als sie in Wirklichkeit ist.
Die wuchtige Front erinnert unwillkürlich an die romanischen Westwerke, wie sie gerade auch das Rheinland sehr geliebt hat. Es ist sehr merkwürdig, wie hier ein geborener Österreicher, der freilich ein starkes Empfinden für landschaftliche Eigenart hat, an die beste Überlieferung rheinischer Baukunst angeknüpft hat. Man sieht auch hier, dass die moderne Kirchenbaukunst noch echte Überlieferungen kennt, wenn nur der Meister selbst noch in echtem Volkstum wurzelt.
Der Innenraum nimmt, wie fast alle modernen Kirchen, die altchristliche Tradition der Basilika, der großen, überschaubaren, räumlich völlig klaren Halle auf. Man tritt außen vor der Kirche zunächst ein paar Stufen aufsteigend durch eine der beiden, an der Frontseite in den Ecktüren sich öffnenden Türen ein und kommt zuerst in eine, dem Obergeschoss des Turmes entsprechende, die Bewegung nach vorne zunächst aufhaltende querrechteckige, mit einer Tonne überwölbte Halle, die rechts eine stille Andachtsecke enthält, und steigt dann, durch die herabführenden Stufen noch einmal gehemmt und doch zugleich nach vorne gezogen in das anfangs niedrige, weil fast bis zur Hälfte des Langhauses durch eine Empore überbaute Schiff, mit jedem Schritt nach unten freilich stärker hineingezogen in den jenseits des Emporeabschlusses immer höher aufsteigenden festlichen, mit einer durch profilierte Eisenbeton-Unterzüge geteilten Decke überdachten Raum. Ehrfurcht und Schweigen gebietend, wie ein herrlicher Teppich in schwarz, braun, weiß und gold, leuchtet die Abschlusswand des Chores auf, das 8,50 Meter hohe Petrus-Mosaik von Prof. Anton Wendling (Aachen). Von dem gleichen Meister, dessen Glas- und Mosaikarbeiten das höchste Raffinement in Farbwahl und Zeichnung als große Selbstverständlichkeit erscheinen lassen, stammen auch die Entwürfe zu den zwölf kreisrunden Fenstern der Seitenschiffe, (ein 13. Fenster wurde an Stelle einer zunächst vorgesehenen Außentür im linken Seitenschiff hinzugefügt) die in einem schimmernden Reichtum geometrischer Muster zwölfmal das Motiv des Kreuzes abwandeln; die Zwölfzahl erinnert an die Apostel, wie auch die Konsekrations-Kreuze an den Wänden mit ihren schönen Kerzenschalen. Die Seitenschiffdächer sind durch Eisenbetonpfeiler abgestützt, die aber den Raum nicht zerteilen, wie denn auch die Felder der Kniebänke über sie hinausreichen, so dass nur ein schmaler Prozessionsgang an den Seiten übrig bleibt. In gleicher Weise greift denn auch das Langhaus in das Chor über, oder – besser gesagt – das Chor ragt in das Langhaus hinein. Über die Seitengänge zum Chor, die anders gestuft sind als der Hauptaufgang, vermag man das Presbyterium gewissermassen zuerst zu umfassen, und so schiebt sich dieses (wie bei der altchristlichen Basilika der durch die Schranken abgeschlossene Raum für die Liturgen) in das Langhaus hinein:
Die Kommunionbank als Schranke trennt, aber die Seitentreppen verbinden wieder, und erst um den Altar herum verengt sich der Raum durch die vorspringenden Wände, wie durch enger gestellte Kulissen. So wirkt das Chor groß und nahe und doch auch wieder – vor allem allerdings durch die Mosaikwand des Chorabschlusses – sehr feierlich: „das Geheimnis“ ist „unter den Menschen“, und doch bleibt es ein Geheimnis. Der Altar selbst ist mit weißem Marmor bekleidet und an der hinteren Kante zu beiden Seiten von einem profilierten Messingrahmen gefasst, der oben zur Leuchterbank wird und das Tabernakel fest mit dem Altar zu verbinden versucht – ein interessanter Versuch, das Zufällige des aufgesetzten „Kästchens“ zu vermeiden. Über dem Tabernakel stellt ein von Fritz Schwerdt (Aachen) gefertigtes Tafelbild des Gekreuzigten – in Treibarbeit und Mosaik – die Rückwand des Expositoriums dar.
Um Raum zu gewinnen, ohne das Chor verkürzen zu müssen, hat Holzmeister die große Empore eingebaut, die nicht nur als Sängerchor gedacht ist, sondern als Betempore. Durch den abfallenden Boden zieht sie den Gläubigen, der von hier aus dem hl. Opfer beiwohnt, in die Kirche selbst hinein, so dass für das Raumerlebnis hier keine Absonderung zustande kommt. Andererseits kann die Empore für die besonderen Gottesdienste durchaus als eigener Raum benutzt werden. Ein schlichter, aber sehr edler Holzaltar erhebt sich an der Brüstung, so dass hier Altarkreuz und Leuchter für den Blick vom Chor aus in schöner Silhouette sich abzeichnen. Die Fenster des Langhauses werden wohl in Zukunft noch bunt verglast werden müssen. Die Beichtstühle sind unten in der Kirche, ohne dass sie, in den Raum einspringend, diesen zerreißen, zur Seite der in die Kirche herabführenden Treppe in den zur Vorhalle hin abschließenden Wandstücken angebracht.
Dem Chor gegenüber zwischen den schweren Eingangstüren liegt die Taufkapelle. Ihr halbkreisförmiger Abschluss antwortet gerade in dieser plastischen Gestaltung dem rechteckigen Abschluss der Chorwand, wie denn auch sonst gerade Kreis und Viereck die aufs glücklichste in diesem Bau miteinander verbundenen künstlerischen Grundformen darstellen. Altar und Taufstein bezeichnen die Brennpunkte dieses Gotteshauses: Die Taufe ist der Anfang, die Eucharistie das Ende, denn sie ist vor allem das Unterpfand der seligen Auferstehung. So ist das ganze Geheimnis des christlichen Lebens eingespannt zwischen diesen beiden Punkten – die Kirche ist wirklich Zelt Gottes unter den Menschen.
- 1924 – 1933: Notkirche St. Peter am Metzenweg
- 3. Juli 1932 Grundsteinlegung zum Kirchenneubau
- 13. August 1933: Einweihung der Kirche
- 1945: Kirche durch Granattreffer im Krieg beschädigt
- 1955: Weihe der vier neuen Glocken
- 1976- 1978: Renovierung der Kirche. Änderung des Altarraumes, Fußbodenheizung und Anstrich
- 1980 – 1982: Dachsanierung und Neuverfugung mit Isolierung der Außenmauer
Quellenangabe:
Festschrift 50 Jahre Pfarrkirche St. Peter Mönchengladbach - Waldhausen, 1933 – 1983
unter Mitarbeit von Lorenz Fandel, Otto Lehnen und Pastor Horst Peter Schumacher
Herausgeber:
Pfarre St. Peter Mönchengladbach-Waldhausen