Brandts-Kapelle St.Aloysius
„Heute Morgen, Zwei Uhr, entschlief unser lieber Sohn Rudolf im Alter von nahezu 21 Jahren sanft im Herrn. Mit den Gnadenmitteln unserer hl. Kirche in seiner langen Krankheit häufiger versehen, ertrug er seine Leiden mit größter Ergebenheit in Gottes hl. Willen."
Franz Brandts und Frau, geb. Roosen
Diese schlichte Todesanzeige in der Gladbacher Volkszeitung vom 2. August 1889, berichtet uns vom Grund zum Bau der Kapelle. Franz Brandts war seinem Erstgeborenen besonders zugeneigt. Dieser war nach dreijährigem Siechtum an der damals unbesiegten Tuberkulose gestorben. Dieser Tod gab den Anstoß, inmitten der Arbeitersiedlung der Firma Brandts eine Kapelle zu errichten, die dem Patron der Jugend, dem hl. Aloysius, geweiht werden und als Grabstätte für den Frühverstorbenen dienen sollte. Rudolf war das erste von acht Kindern und lebte vom 28.9.1868 bis 2.8.1889.
Die mit dem Bau entstehenden Kosten, wurden deshalb aus dem für Rudolf vorgesehenen Erbteil bezahlt. Als Architekten gewann der Fabrikant seinen Schwager, den Regierungsbaumeister Anton Peter Neu. Im Stil und Geschmack der damaligen Zeit, ließ Anton Peter Neu einen Bau entstehen, der ganz den Vorstellungen von Franz Brandt entsprach. Carl-Wilhelm Claßen beschreibt den Bau prägnant und kurz in „Die Denkmäler des Rheinlands: Kapelle St.Aloysius, Zum Aloysiusstift, Rudolfstraße 7, gehörend, auch Brandtskapelle genannt, nach dem Stifter und Bauherrn Franz Brandts. Einschiffiger gewölbter Backsteinbau in neugotischen Formen mit vier Jochen und Fünfachtelabschluss, E. 19.Jh. neugotische Ausstattung mit Ausnahme des Hauptaltares erhalten. Gute schmiedeeiserne Arbeiten an der Orgelempore und der Kommunionbank von Franz Köster in Mönchengladbach.“
Am 4. Oktober 1896 konnte der Bau an der Rudolfstraße von dem damaligen Oberpfarrer Laurenz Krichel feierlich eingeweiht werden. Die erste Messe feierte anschließend Franz Hitze, einer der geistigen Väter des Volksvereins. An den Altar war eine Reliquie des hl. Aloysius eingelassen worden, die Brandts von seiner Romreise im Frühjahr 1896 mitgebracht hatte. Aus dem Kreis der Weggefährten kamen einige Ausstattungsgegenstände für die Kapelle: Louis Beissel, Nadelfabrikant aus Aachen, schenkte das Bild der „Immerwährenden Hilfe“ und Matthias Wiese, Bergwerksdirektor aus Werden an der Ruhr, eine Statue des heiligen Aloysius.
Die Gladbacher Volkszeitung berichtet am 5. Oktober 1896:
Gladbach, 5. Okt. Die von Herrn Fabrikbesitzer Franz Brandts gestiftete St. Aloysius-Kapelle an der Rudolfstraße auf der Waldhausener Höhe, wurde gestern Morgen im Auftrage des hochw. Herrn Erzbischofes durch Herrn Oberpfarrer Krichel eingeweiht. Dieselbe ist im gotischen Stile erbaut und weist gediegene Arbeiten hiesiger Handwerker und Kunsthandwerker auf, denen sämtliche hier ausführbare Arbeiten von Herrn Brandts übertragen waren. Die Lage des schmucken Kirchleins ist eine recht freundliche, vom Westen her grüsst es anheimelnd zur altehrwürdigen Münsterkirche herüber. Anlässlich der gestrigen Feier war die Umgebung der Kapelle durch Flaggen und Bäumchen reich geschmückt, die Einweihung fand am gestrigen Sonntage statt, also am Feste des hl. Franziskus von Assisi, dessen Namen Herr Brandts führt.
Die katholischen Fabrikbesitzer, deren Etablissements sich im Umkreise der neuen Kapelle befinden, die dem Erbauer verwandten Familien, die Angestellten und Arbeiter der Firma Frz. Brandts, die an dem Bau der Kapelle beschäftigt gewesenen Bauleiter, Werkleute und Handwerker, hatten sich zu der Feier eingefunden. Nachdem der hochw. Herr Oberpfarrer unter Assistenz der Herren Generalsekretär Dr. Pieper und Kaplan Oehmen die Kirche von außen und innen unter den vorgeschriebenen Gebeten eingesegnet hatte, zelebrierte an dem durch prächtige Zierpflanzen geschmückten Altare, Herr Professor Dr. Hitze aus Münster, der bekanntlich seit vielen Jahren zu Herrn Brandts in den engsten Beziehungen steht, das Hochamt, wobei die Herren Kaplan Oehmen und Dr. Pieper ministrierten und Herr Oberpfarrer Krichel assistierte. Der Gesangchor der Frz. Brandts´íchen Fabrik unter der Leitung des Herrn Walbeck, verschönte die Feier durch den präzisen und erhebenden Vortrag einer lateinischenMesse. Bei der hl. Wandlung ertönte zum ersten Male das Glöcklein der Kapelle und sandte seinen weihevollen Gruß in die Runde. Nach dem Hochamte, hielt Herr Oberpfarrer Krichel eine zu Herzen gehende Ansprache an die versammelten Gläubigen. Das von ihm auf Auftrage des hochw. Herrn Erzbischofes eingeweihte Haus, sei errichtet zur Ehre Gottes und lege wiederum Zeugniß ab für den in hiesiger Gemeinde lebendigen katholischen Glauben. Der Weihetag sei für den Stifter des Gotteshauses ein sehr bedeutungsvoller Tag, der Tag des Heiligen, dessen Namen er trage.
Unsere Zeit habe Ähnlichkeit mit der Zeit, wo der hl.Franziskus lebte, es sei eine Zeit des großen irdischen Aufschwunges, der bedeutenden Wohlstand und Reichthum bringe. Der Reichthum berge große Gefahren in sich und die hl. Schrift sage uns schon, wie schwer es dem Reichen sei, den Himmel zu erlangen. Der hl. Franziskus vertauschte den Reichthum mit der freiwilligen Armuth, um die Armuth zu predigen den Menschen, damit sie ihr Herz nicht hängen an den Reichthum und den Geber alles Guten nicht vergessen. Nach weiterer Ausführung dieser Gedanken weist der hochw. Herr darauf hin, wie dieses Haus ein Beweis sei, wie die Ehre Gottes zu fördern sei. Es stehe auf einer Höhe, die vor wenigen Jahren noch verlassen war, nun aber schon 1000 Bewohner aufweise, die in dem neuen Kirchlein Gott anbeten und von ihm Hülfe erflehen werden in jeder Noth; die Kleinen werden durch Beiwohnung der h. Messe hier aufwachsen in der Furcht Gottes. Jedem sei es nicht gegeben, dem Herrn ein Haus zu bauen; aber auch in anderer Weise könne man ihn ehren: durch Unterstützung des Bonifatius-Vereins, welcher für die Katholiken in der Diaspora sorge, wo so viele armen Kirchen sind; auch in unserer Stadt sei eine neue Kirche, die noch sehr der Ausstattung bedürfe. Sodann aber sollen wir Gott ehren in den Armen. Gott sei Dank halte in unserer Gemeinde mit dem Fortschreiten der materiellen Entwicklung gleichen Schritt das Bestreben, für die Hülfsbedürftigen zu sorgen, es gäbe wenige Städte, wo so viel Opferwilligkeit und Gemeinsinn herrsche, wenn es sich darum handle, etwas zu thun für die Armen und Nothleidenden. Möge es aber auch immer so bleiben, damit niemals der Reichthum eine Gefahr werde für unsere Gemeinde, damit auch hier der katholische Glaube sich bewähre in den Werken der Nächstenliebe. Die Kapelle sei unter den Schutz des hl. Aloysius gestellt, dessen Fürbitte wir anrufen wollen für alle, welche sich um dieses Haus verdient gemacht haben.
Hierauf wurde ein Schlussgebet verrichtet und dann von den die Kirche füllenden Gläubigen das Lied „Großer Gott wir loben Dich“ gesungen. Gestern Nachmittag fand eine Dankandacht statt und darauf, wie alljährlich, im St. Josephshause eine festliche Vereinigung der Angestellten und Arbeiter der Firma Frz. Brandts mit ihrem Prinzipal, welche wiederum glänzendes Zeugnis ablegte für das zwischen denselben bestehende musterhafte Verhältnis.
1957 spendete der Fabrikant Otten die Chorfenster, die vom Ulmer Glasmaler Prof.Wilhelm Geyer stammen, ebenso das Orgelfenster, das Josef Höttges 1950 schuf. Die Orgel wurde 1914 von der Firma Klais, Bonn, als opus 276 eingebaut. Es handelt sich um eine rein pneumatische Orgel in der Spiel- und Registertraktur. Die Orgel teilt sich optisch in zwei Hauptwerke, die links und rechts vom großen Westfenster stehen. Sie besteht aus elf Registern; im Hauptwerk: Prinzipal, Flöte, Salicional, Viola di Gamba, Oktave; im Schwellwerk: Geigenprinzipal, Äoline, Vox Coeleste, lieblich gedackt, Traversflöte; im Pedal: Subbass. 1989 erfolgte eine grundlegende Überholung dieser Orgel. Mitte der 70er Jahre zeigten sich starke Schäden am Gebäude der Kapelle. Das Bistum Aachen entschloss sich für eine gründliche Außensanierung und eine Innenneugestaltung im ursprünglichen neugotischen Stil. Da vom bisherigen Altar nur noch die beiden Mittelteile mit Darstellungen aus dem Leben des Hl.Aloysius existieren (jetzt rechts neben dem Eingangsportal), erhielt die Kapelle aus der Kirche von Dürboslar einen kompletten neugotischen Altaraufsatz mit der Verkündigung und der Darstellung im Tempel und die 14 Kreuzwegbilder aus der Kirche Mariaweiler bei Düren. Nach der Restaurierung wurde die Kapelle am 1. Advent 1982 wieder feierlich ihrer Bestimmung übergeben. Am 2. Juni 1987 wurden Kapelle und Stift von der Stadt Mönchengladbach unter Denkmalschutz gestellt. In der Denkmalakte heißt es: „Die ausgewogene, neugotische Kapelle ist aus architektonischen, wie zumal stadt- und sozialhistorischen Gründen für Mönchengladbach unverzichtbar.“